Herbstpilgerwanderung

in Bayern 2010

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Herbst-Pilgerwanderung in Bayern (4. - 11. September 2010)

München
Im heutigen München existierte zur Zeit der ersten Pilger nur eine kleine Siedlung "zu den Mönchen". Am Anger, ausserhalb der späteren Stadtmauern, stand eine kleine Kapelle des "hl. Jacobus in prato", auf einer Wiese, die der Überlieferung nach als Rastplatz auf dem Weg nach Santiago de Compostela diente. Die Pilger aus Zentral- und Osteuropa sammelten hier neue Kräfte für den weiten Weg, der noch vor ihnen lag. Im Jahr 1221 kamen die ersten Franziskanermönche nach München um eine Ordensniederlassung zu gründen. Die Jakobskapelle und ein bescheidenes Haus daneben wurden Ihnen von den Bürgern der Stadt geschenkt. Bereits 30 Jahre später wurde neben dieser Kapelle eine Kirche gebaut, die ebenfalls dem hl. Jakob geweiht wurde. Die hier rastenden Jakobspilger wurden von nun an von den Franziskanern betreut.
Dies, und noch mehr über die Entwicklungen des Pilgerns in München erzählte uns Otto Dudle während unserem sonntagabendlichen Spaziergang in dieser Weltstadt. Anschliessend genossen wir in einem typischen Münchner Lokal das Abendessen. Doch schön der Reihe nach.
Der Zug brachte uns 21 erwartungsvolle Pilgerinnen und Pilger am Nachmittag des 4. September nach München.

Schäftlarn
Nach der Übernachtung in der modernen Jugendherberge in der Nähe der Isar brachen wir am Sonntagmorgen zur ersten Tagesetappe auf. Ob dem romantischen Weg entlang der Isar gerieten einige Pilger ins Schwärmen. In Pullach besuchten wir den sonntäglichen Gottesdienst in der reformierten Kirche St. Michael, wo wir die Taufe von Ludwig Andreas miterlebten und anschliessend vom Pfarrer zu Kaffee und (herrlichen) Kuchen eingeladen wurden. In Schäftlarn, dem Tagesziel, besichtigten wir die Klosterkirche. Das Kloster gehört zu den Urklöstern in Bayern. Der Baubeginn der ersten Gebäude datiert von 762. Ab dem Jahr 782 wurde das Kloster durch Mönche des Benediktinerordens bewohnt. Nachdem die Ungarn im 10. Jahrhundert die Gegend verwüsteten und das Klosterleben vorübergehend zum Erliegen brachten, wurde 1140 eine Prämonstratenserprobstei gegründet. Nach der erneuten Auflösung während der Säkularisierung stiftete König Ludwig I. im Jahr1866 ein neues Benediktinerkloster. Bevor uns die S-Bahn wieder nach München zurück brachte, besuchten wir gemäss einer Empfehlung in Otto's Pilgerführer den klösterlichen Biergarten.

Andechs
Am Montag Morgen erfolgte dann ein erster Höhepunkt unserer Wanderung. Messmer Gerhard führte uns durch "seine" Liebfrauenkirche. Der dreischiffige, spätgotische Backsteinbau bietet Platz für 20'000 stehende Menschen. Der Südturm kann bestiegen werden. Von ihm aus geniesst man eine fantastische Aussicht bis zu den Alpen. In einer Kapelle im Innern der Kirche hielten wir die erste Meditation. Als Leitfaden diente dabei Bruno Kunz' Pilgerapotheke. Auf Grund der Themen der gezogenen Karten machte sich jeder Teilnehmer seine Gedanken. Diese wurden während der täglichen Meditationen vorgetragen. Zusammen mit den von Bernard ausgewählten Texten über das Beten und Meditieren sowie den die Meditation umrahmenden Liedern erlebten wir sehr berührende Augenblicke.
In Starnberg begann die tägliche Wanderetappe. Der Weg führte durch die Maisinger Schlucht zum gleichnamigen See, wo uns Joachim Rühl, Präsident der fränkischen St. Jakobusgesellschaft Würzburg e.V.mit dem Pic-Nic erwartete. Joachim fuhr während der ganzen Woche unser Begleitfahrzeug für den Gepäcktransport und überraschte uns täglich mit einer vielseitigen "Brotzeit". Weiter ging's durch ein Naturschutzgebiet, Wälder und Felder bis zu einer Anhöhe, von wo aus der "bayrische Berg Zion", das berühmte Kloster Andechs, Ziel frommer Wallfahrer und Liebhaber bayrischer Braukunst, zu sehen ist. Die Wurzeln des Klosters liegen im 10. Jahrhundert. Die Burg Andechs entwickelte sich ab 1132 zum Herrschaftsmittelpunkt einer der mächtigen Dynastien der Staufferzeit. Nach dem Aussterben derer von Andechs übernahmen die Familie der Wittelsbacher die Burg und zerstörten sie. Der ganze Reliquienschatz wurde vorher vergraben und nach 1388 in die Münchner Residenz überführt. Um 1430 entstand eine dreischiffige Hallenkirche im spätgotischen Stil. 1438 wurde ein Chorherrenstift gegründet. Dieses bildete 1455 die Grundlage für die Umwandlung in eine Benediktinerabtei. 1755 wurde der Innenraum der Kirche im Stile des Rokoko umgestaltet. Eine vielseitige Klosterführung und das wiederum bayrische Nachtessen beendeten den Tag.

Wessobrunn
Am Dienstagvormittag erreichten wir nach einer stündigen Wanderung den Ammersee. Eine kurze Schifffahrt brachte uns nach Diessen. 1732 - 1739 wurde dort das Marienmünster, eine der schönsten Barockkirchen von Bayern erbaut. Leider wurde bei unserem Besuch das Innere der Kirche einer Holzwurmbehandlung unterzogen. Wir durften sie nicht betreten. Auf dem weiteren Weg in Richtung Wessobrunn kamen wir am Mechtildsbrunnen und später an der Burgkapelle Schatzberg vorbei. In Wessobrunn bestaunten wir die tausendjährige Tassilolinde. Einer Legende nach soll sich der Bayernfürst Tassilo III dort nach der Jagd ausgeruht haben. Er träumte, da er von der Jagd durstig war, von einem Engel der aus einer Quelle Wasser schöpfte. Als er aus dem Traum erwachte fand sein Freund Wezzo in unmittelbarer Nähe eine Quelle. Er nannte deshalb den Ort Wezzofontanum und gründete das Kloster Wessobrunn. In diesem Kloster wurden im 17. und 18. Jahrhundert bedeutende Stuckateure und Baumeister des Barock ausgebildet, die weit über die Grenzen Bayern hinaus beim Bau von Kirchen engagiert wurden. Am Ende dieses Nachmittages erreichten wir unseren Übernachtungsort Oderding.

Hohenpeissenberg
Am Mittwochvormittag bestiegen wir den Hohenpeissenberg 988 M.ü.Meer, auch bayrischer Rigi genannt. Im Jahr 1517 wurde die Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt errichtet. Auf diesem Berg befindet sich auch das älteste Bergobservatorium der Welt. Man soll von hier (wenn das Wetter stimmt) eine grandiose Ausssicht auf das ganze Gebiet des Pfaffenwinkels geniessen. Unser Weg führte uns am Nachmittag an unser Etappenziel Peiting.

Wieskirche
Nach einer kurzen Busfahrt am Donnerstagmorgen erreichten wir Rottenbuch. Wir besuchten die Klosterkirche, heute eine höchst beeindruckende Barockkirche. Sie wurde als romanische Kirche im Jahre 1125 mit einem mächtigen, freistehenden Turm erbaut. Während der Jahre 1700 - 1740 wurde der Innenraum im Stile des Barock umgestaltet. Während unserem Rundgang hörten wir leise Orgelmusik. Damit geriet dieser Besuch zu einem berührenden Erlebnis. Nach einer weiteren Wanderstunde hielten wir unsere tägliche Meditation in der Jakobskirche von Wildsteg. Der weitere Weg führte uns nun zur Wieskirche. Die Wallfahrtskirche "zum gegeisselten Heiland" ist die wohl bekannteste Kirche Oberbayerns. Das Rokoko-Kleinod zieht alljährlich mehrere tausend Touristen an. 1745 wurden die Wessobrunner Brüder Zimmermann mit dem Bau dieser Kirche beauftragt. Die Wieskirche wurde 1983 von der UNESCO als Weltkulturgut ausgewiesen. Das Welfenmünster mit dem romanisch erhalten gebliebenen Teil des Kreuzgangs in Steingaden war der 4. Kirchenbesuch dieses Super-Donnerstags. Herzog Welf VI stiftete 1147 das Prämonstratenserkloster Steingaden. Es wurde zu einem beachteten Zentrum für Wissenschaft und Kunst. Leider zeugt heute von der einstigen Macht des Klosters nur noch die Kirche St. Johannes Babtist, die zwar aussen romanisch geprägt ist, innen aber in reinstem Rokoko gehalten ist. Ein Juwel bedeutet das romanisch erhalten gebliebene Viertel des ehemaligen Kreuzganges. Nach weiteren 2 Stunden wandern erreichten wir das Etappenziel Lechbruck.

Auerberg
Am Freitag ging's zunächst wieder in die Höhe, auf den Auerberg mit einer Meereshöhe von 1055 Meter den höchsten Punkt unserer Pilgerwanderung. Auf dem Turm der Georgs-Kapelle erfreute uns die prächtige Aussicht nach allen Seiten, unter anderem erkennt man im Süden das Schloss Neuschwanstein von Ludwig II. Vor dem letzten Pic-Nic dieser Wanderung offerierte uns Joachim einen Prosecco-Apéro. Nach dem Abstieg nach Stötten führte der Weg mehr oder weniger eben, am Ende auf einer Lindenallee, zum Marktoberdorfer Schloss, dem Ende unserer Herbstwanderung.
Nach dem Duschen versammelten wir uns zu einem Rückblick auf die erlebte Wanderung. Alle Teilnehmenden äusserten sich in sehr positiver Weise über diese Pilgerwoche. Der Beauftragte für Jakobswege von Marktoberdorf orientierte uns über die momentane, wirtschaftliche Situation des Ortes und der Region und überbrachte nebst den Grüssen der Stadtoberen ein Geschenk in Form von einem Aufnäher, der bayrischen Jakobsmuschel.
Am Samstagvormittag besuchten wir die Schlosskirche, bummelten durch den Ort und spazierten schliesslich gemeinsam zum Bahnhof. Die Heimreise hatte begonnen.

Hansruedi Heer

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